Dies nicht, das nicht, was denn nun? Über die Ernährung in der Schwangerschaft

Ich sag's euch, wie es ist, ich habe weder in der ersten, noch in dieser zweiten Schwangerschaft groß meine Ernährung umgestellt. Ich habe auf fast nichts verzichtet, und: ich habe keine Zusatzpräparate genommen. Außer in den ersten drei Monaten Folsäure und da auch nicht die teure, sondern ganz einfache Präparate. Das war's! Ach ja und in Schwangerschaft eins hieß es mal kurz, ich solle mir diesen Eisen-Saft besorgen, den fand ich so grauenhaft, dass ich ihn nicht getrunken habe. Die Eisenwerte waren trotzdem bald wieder in Ordnung. Präventiv irgendetwas eingenommen habe ich nie.

Ich halte generell nicht viel von Panikmache in der Schwangerschaft, schon gar nicht, was das Essen angeht. Ich glaube, wir ernähren uns alle sehr reichlich, vielfältig und gut und die Babies holen sich schon alles, was sie brauchen. Mangelerscheinung bei Neugeborenen, gibt es das überhaupt noch in Deutschland? Und wenn wirklich etwas nicht stimmt, dann zeigt das Blutbild das (wir werden ja alle ständig durchgecheckt…) und euer Arzt kann euch beraten. Die allermeisten Frauen haben aber keinerlei Probleme und können sich daher schön entspannen.

Dennoch achte ich natürlich auf ein paar Dinge:

  • Kein rohes Fleisch (denn ich bin leider nicht gegen Toxoplasmose immun)
  • Kein Rohmilchkäse (auch wenn ich hier sicher schon oft daneben lag)
  • Kein Alkohol (dieses Mal darf es aber ab und an ein Schlückchen Rotwein sein, wenn ich sehr sehr viel Lust darauf habe, kann ich aber an einer Hand abzählen, wie oft das der Fall war)
  • Keine Fertiggerichte (sind eh scheiße und ungesund, sollte man sowieso nicht essen)
  • Weniger Kaffee (meine Ärztin sagt: Zwei Milchkaffee am Tag, viel mehr habe ich früher auch nicht getrunken)

Das war’s!

Leider stelle ich immer wieder fest, dass ich eine der ganz Wenigen bin, die sich so wenig stressen. Darf ich dies, darf ich das, könnte das Rohmilch sein, oh Gott, Fisch! Kein Wunder. Wenn man googelt, erfährt man über Unmengen von Lebensmitteln, dass sie potentiell schädlich sein könnten. Überall lauern tödliche Keime. Außerdem ist der Handel mit Zusatzpräparaten ein großer und lukrativer. Denn WER WILL NICHT DAS BESTE FÜR SEIN KIND? Da sind die 50 Tacken für eine Packung Tabletten mit einem ausgewogenen Vitamine-Mineralien-Spurenelemente-Folsäure-Mix doch gut investiert. So kaufen fast alle meiner Freundinnen das Zeug und sehen mich schief an, weil ich es überflüssig finde. Beides, die Panikmache und die Tabletten. Wir leben unter extrem guten hygienischen Bedingungen, unser Essen wird stark kontrolliert, wir haben eine Riesen-Auswahl an allen Lebensmitteln, die es auf der Welt gibt und die dem Körper alles zuführen, was er braucht.

Natürlich gibt es Eisenmangel, dann kann man ihn ja behandeln. Natürlich gibt es Jodmangel, aber ein bisschen Meersalz gleicht das locker aus. Und dann gibt es eben noch die bösen Toxoplasmose- und Listeriose-Bakterien. Ich sehe das so: es ist EXTREM selten, sich mit diesen Bakterien zu infizieren, so selten, dass meine Frauenärztin in 25 Jahren Praxiskarriere noch keinen einzigen Fall von Listeriose hatte. Man sollte sich also nicht zu sehr verrückt machen. ABER: Wenn es passiert, ist es richtig schlimm. So schlimm, dass ihr jetzt bitte nicht anfangt zu recherchieren. Die Gefahr völlig zu ignorieren, finde ich also auch naiv. Fazit: ein bisschen auf Rohmilchkäse achten schadet nicht (gemein übrigens: die ganzen richtig guten Käsesorten sind alle Rohmilch…), die Rinde abschneiden auch nicht. Auf Tartar kann man vielleicht mal kurz verzichten und vielleicht auch den Salat gut waschen. Aber mal ehrlich: habt ihr das nicht auch vorher schon gemacht?

Überall tödliche Keime

Zum Glück habe ich eine sehr entspannte Ärztin, die mir nach drei Monaten sogar dazu riet, die Folsäure abzusetzen, die mir nie irgendeine Angst machen würde und die sogar sagt: im guten Restaurant können sie auch Sushi essen. Denn wenn es um rohen Fisch (und Eier und und und…) geht, geht es nämlich eher um Salmonellen-Erkrankungen, als um andere Bakterien. Die sind natürlich nicht gerade erstrebenswert, schaden aber in den aller aller aller aller wenigsten Fällen dem Baby, sondern nur euch. Klar, wer eine schlimme Magen-Darm-Grippe oder eben Salmonellen erwischt während der Schwangerschaft, sollte schauen, dass er Elektrolyte, viel Wasser, eventuell Infusionen zu sich nimmt, um eine Unterversorgung des Babys zu vermeiden. Aber wie gesagt – eine solche Erkrankung ist auch nicht schwanger richtig doof! Und unsere Babys sind in der Regel sehr gut versorgt, sie bedienen sich auch immer erst mal an unseren Reserven, die wir glaube ich alle haben.

Ich jedenfalls verzichte nicht auf mein Frühstücksei, wo kommen wir denn da hin! Ich habe auch schon Sushi gegessen und Muscheln, ich brauche das jetzt nicht täglich, man muss es ja nicht herausfordern, aber wenn man darauf Lust hat und es sich gut anfühlt?

Ein Plädoyer für mehr Entspannung

Nein, nicht jeder muss es so locker halten, wie ich es dieses Mal tue. Wer sich nicht wohlfühlt beim Sushi oder beim Frühstücksei, der lässt es eben einfach. Aber ich kenne Frauen, die keinen Ingwer essen (könnte Wehen fördernd wirken), keine Pilze (könnten schlecht gewaschen sein), keinen Salat (könnten Bakterien enthalten), keine Eier (Salmonellen), keine Cola (Koffein könnte schaden), keine Lakritze (könnte ADHS auslösen), keinen Zucker (könnte zu einem zu großen Kind führen), keinen Fisch (könnte Schwermetalle enthalten), keine Sprossen (könnte Bakterien enthalten), keine frischen Säfte (Bakterien), kein Stevia (man weiß ja nie), etcetera. Die Liste ist endlos und alles wird untersucht, gewaschen, abgekocht, etc…

DAS finde ich persönlich wirklich übertrieben, aber auch hier gilt: wer sich damit wohlfühlt, kann das so machen, sollte sich aber vielleicht darüber im Klaren sein, dass es nicht notwendig ist und dass es eine Sache gibt, die wirklich erwiesenermaßen nicht gut für das Baby ist: STRESS.

Zudem: wer dann nur noch auf Verpacktes, Abgekochtes und Desinfiziertes geht, der braucht vermutlich wirklich Zusatzpräparate…

Ich plädiere also hier für eine große Portion Entspannung in Sachen Ernährung. Denn solange es hygienisch zugeht (und das tut es doch wohl in unseren Breitengraden fast immer) und ihr euch ausgewogen ernährt (denkt an die berühmte Lebensmittelpyramide) ist alles gut. Viel Gemüse, viel Obst (alles schön gewaschen), gesunde Kohlehydrate, ein bisschen Zucker und Fett, gutes Fleisch, guter Fisch, Milchprodukte, von allem ein bisschen eben und am besten selbst gekocht – dann seid ihr auf der sicheren Seite und euer Baby auch. Ach ja, doppelt so viel essen, wird auch nicht empfohlen, doppelt so gesund aber schon. Wisst ihr sicher bereits!

Hier ein paar Super-Foods, die Schwangeren empfohlen werden:

  • Grünes Blattgemüse – z.B. Spinat, Brokkoli, Spargel…
  • Avocado – ein Evergreen. Schön fettig, schmiere ich aber trotzdem gerade überall drauf!
  • Nüsse und Samen – z.B. Mandeln, Pistazien, Walnüsse und Sonnenblumenkerne. Kann man naschen oder über den Salat streuen!
  • Lachs – Und andere Fische, die eher Planzenfresser sind wie Sardinen, Sardellen, Makrele und Hering
  • Chia Samen – Trend-Food, Woohooo! Aber sie sind einfach wirklich gesund, man kann sie übers Müsli streuen und angeblich helfen sie sogar gegen Sodbrennen…
  • Das volle Korn – Hafer, Roggen, Quinoa, Dinkel…  Alles super und es gibt sooo viele leckere Rezepte. Ein Müsli tut’s aber natürlich auch.
  • Joghurt: Viel Protein und Kalzium und lecker obendrein. Ohne Zucker natürlich. Einfach auf’s Müsli!
  • Bohnen und Hülsenfrüchte: z.B. Kichererbsen, Linsen und weiße Bohnen – da ist auch viel Folsäure drin!
  • Heidelbeeren – enthalten Vitamin C, Vitamin E und Vitamin K, Riboflavin, Niacin, Pyridoxin, Folat, Folsäure, Pantothensäure und Mineralstoffen wie Kalium, Mangan, Kupfer, Eisen und Zink – wie gut, dass ich sie eh liebe!

Hört doch einfach auf den Bauch

Und zu guter Letzt: hört auf euren Körper und eure Gelüste. Es ist natürlich nicht sinnvoll, jeden Tag der Sahnetorte nachzugeben, aber oft hat man ja auch Lust auf Saures, Bitteres, auf Fleisch oder Fett. Und dann ist es wohl genau das, was der Körper gerade braucht! Eine Freundin von mir hat in der Schwangerschaft ihr Vegetariertum aufgegeben, eine andere, die Bananen früher verabscheut hat, hat sich fast ausschließlich davon ernährt. Viele Frauen, die früher Low Carb waren, stopfen plötzlich Kartoffeln und Nudeln in sich rein und ich denke: das alles hat seinen Sinn. Der Körper kann das in der Regel ziemlich gut, das mit dem “Babys produzieren” und er schickt genau die richtigen Signale an das Hungerzentrum.

Ach ja. Und nach der Schwangerschaft kommt dann die Stillzeit und auch hier wird wieder viel zu viel Panik gemacht, was das Essen betrifft, finde ich. Man kann alles essen, außer richtig Giftiges (Alkohol….) Man darf sogar versuchen, bewusst abzunehmen (denn dass das Stillen alleine schlank macht stimmt leider bei den wenigsten). Einen guten Artikel dazu gab es mal von Anja.

Insofern: Genießt! Das Essen, den Bauch, alle gesunden Gelüste und vertraut darauf: eurem Baby geht es gut…