Eine einsame Entscheidung: Vom Versuch, Solo-Mutter zu werden

Wie ist das eigentlich, wenn man sich ein Kind wünscht, aber keinen Partner hat? Frauen, die diesen Weg gehen, heißen Solo-Mütter oder "Single Mothers by Choice". Mittlerweile gibt es auch Samenbanken in Deutschland, die Singlefrauen mit Kinderwunsch behandeln – in Dänemark, Holland, Belgien oder Spanien werben diese offen damit, hierzulande ist das Thema immer noch tabubehaftet, auch wenn das Embryonenschutzgesetz die Behandlung mit Spendersamen nicht verbietet. Genaue Zahlen dazu, wie viele Frauen in Deutschland diesen Weg gehen, gibt es nicht – aber Schätzungen verschiedener Kliniken zeigen: Ihre Zahl ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Auch diese Doku in der ARD beleuchtet das Thema und wir haben hier Julieta porträtiert, die ebenfalls den Weg der Single Mom by Choice gegangen ist. Heute kommt Christiane zu Wort, die diesen Weg zu gehen versucht hat, bislang ohne Erfolg.

Christiane wusste schon immer, dass sie Kinder will – oder hat, besser gesagt, nie in Frage gestellt, dass sie welche haben wird. Aber das erste Mal bewusst mit ihrem Wunsch nach Nachwuchs sah sie sich erst dann konfrontiert, als sie einen Partner hatte, der auf gar keinen Fall Kinder wollte. “Die logische Konsequenz wäre gewesen, zu sagen: Dann wird es nichts mit uns. “Aber ich hatte immer ein Fünkchen Hoffnung, dass es doch noch anders wird für ihn”, sagt Christiane. Zwei Jahre waren die beiden ein Paar, danach blieben sie weitere zwei Jahre im On-Off-Modus verbandelt.

Schließlich ging der Kontakt aber ganz auseinander. Christiane glaubte, es sei besser so und begab sich auf Partnersuche. “Freunde haben mich irgendwann richtig genötigt, eine Dating-App zu installieren”, sagt Christiane. “Ich dachte, ich probiere es, auch wenn es sich tief drinnen nie so richtig angefühlt hat, aber ich wollte doch einen Partner und ein Kind. Naja, eigentlich wollte ich ein Kind, und den Partner brauche ich doch dazu, so dachte ich da noch.” Sie schrieb ein About-Me, in dem sie offen darüber sprach, dass sie sich unbedingt Kinder wünscht, aber leider waren die Begegnungen mit Männern, die sie über die App kennenlernte, erschreckend bis enttäuschend. Nur eine wenige waren schön, aber zu einer Beziehung führte keine davon.

“Dann erzählte mir eine Freundin von einem schwulen Freund, der ein Kind will”, sagt Christiane. Sie traf ihn, fand ihn auch nett, aber er lebte in einer anderen Stadt und Christiane war nicht bereit, zu ihm zu ziehen und sich abhängig zu machen. “Ich habe auch Angst bekommen, weil es auf einmal so konkret wurde. Ein Mann, der alle Erwartungen, seinen großen Wunsch zu erfüllen, in mich zu legen schien, das fühlte sich irgendwie komisch an”, sagt sie.

Es ging ihr dann doch etwas zu schnell. Später probierte sie es über Familyship, einer Plattform für Familiengründung und Co-Parenting. Christiane war vom Konzept begeistert und kontaktierte mehrere Männer darüber. Dabei stieß sie auf diverse Typen von Nutzern. “Da gab es den Hetero, der gerne spendet”, sagt sie. “Auf die Nachfrage, wie viele Kinder es schon von ihm gibt, kam die Antwort: Naja, ca. 30-35. Da lief mir ein Schauer über den Rücken. Ich war mir nicht sicher, ob er sich seiner Verantwortung bewusst ist.”

Dann eben ohne Mann!

Daneben gab es noch den Typ Mann, der in einer Beziehung mit einer Frau steckt, die selber keine Kinder möchte – das war Christiane zu heikel. Und auch mehrere Männer, die wie der perfekte Match wirkten (homosexuell, gebildet, guter Job, gutes Aussehen), entpuppten sich dann doch als Menschen, zu denen sie schlicht nicht die Beziehung entwickeln konnte, die es braucht, um Kinder großzuziehen. Ende 2017, nach einem Jahr Dating auf Familyship, brauchte Christiane eine Pause. Bei einer Yoga-Ausbildung lernte sie eine Frau kennen, die ihr von einer Kinderwunschklinik in Dänemark erzählte und dem Weg, Solo-Mutter zu werden. Christiane zögerte erst, aber fuhr dann 2018 nach Dänemark und sah sich die dortige Diers-Klinik in Aarhus an. Im Herbst 2018 reiste sie zur ersten Insemination dorthin, es folgten in den nächsten Monaten drei weitere, alle waren erfolglos. Christiane sagt, sie war sehr überrascht, wie einsam sie sich bei der ersten Insemination fühlte. “Ich lag da und fühle mich nur alleine. Klar, es war auch eine einsame Entscheidung, das als Single Mom anzugehen. Ich stehe weiter dahinter und würde es auch wieder tun – aber ich war schon auch erstaunt, wie es sich anfühlt, da zu liegen und keiner ist da, mit dem man das teilt”, sagt sie.

Was sie wiederum sehr positiv in Erinnerung hat: Die Hebammenklinik. “Ich wurde mit so einer Selbstverständlichkeit empfangen – meine Entscheidung wurde nicht in Frage gestellt, und keiner hat mich nach dem Warum gefragt. Ich wurde ermutigt, es ohne Hormonzugabe und eisprungauslösende Spritze zu machen, da mein Zyklus regelmäßig war”, sagt Christiane. Denn in Dänemark arbeiten die Hebammen an sieben Tagen in der Woche. Das heißt: Wenn der Ovulationstest positiv war, konnte Christiane also anrufen und Bescheid geben, dass sie sich auf den Weg macht. “In Berlin arbeiten sie von Montag bis Freitag. Fällt dein Eisprung auf ein Wochenende, wird die die Spritze so gesetzt, dass der Eisprung an einem Wochentag stattfindet. Für mich war das lange schon zu viel Eingriff in meinen Zyklus”, sagt Christiane.

Alles auf Pause

Christiane erfuhr zwar während der Behandlung in Dänemark, dass sie als Single Mom auch in Berlin in einer Kinderwunsch-Klinik behandelt werden könnte, fühlte sich aber in Dänemark sehr wohl und hatte sich die vier Versuche dort vorgenommen. Als keiner davon fruchtete, ließ sie sich in Deutschland untersuchen, es wurde unter anderem eine Eileiter-Durchlässigkeitsprüfung gemacht. Aber bis auf eine leichte Endometriose ohne Verklebungen in der Gebärmutter gab es keine Auffälligkeiten und insgesamt keinen klinischen Grund, der gegen eine Schwangerschaft sprach. Das war im April 2019. “Seitdem habe ich meinen Zyklus nicht mehr. Es kamen gleichzeitig andere Dinge dazu: Mein Ex-Freund, der ohne Kinderwunsch, trat wieder in mein Leben und nahm einen großen Platz ein. In meinem Job hatte ich mit großen Werte-Verletzungen zu kämpfen – gleichzeitig fühlte ich mich gefangen, da ich doch den Job als Alleinerziehende benötigen würde.” Diese Situation zehrte derart an Christiane, dass sie Ende 2019 in eine Depression schlitterte. Sie ließ ihren Arbeitsvertrag auslaufen, konnte sich selber nicht ausstehen und fühlte sich stark niedergeschlagen. Anfang des Jahres verbrachte sie sechs Wochen in einer Klinik. Seitdem geht es ihr besser, doch ihr Zyklus ist noch nicht zurückgekommen – was wohl auch an dem psychischen Stress liegt, mit dem sie zu kämpfen hatte.

Verständlich, dass Christiane jetzt erst einmal pausiert. Ihr wird zu einer IVF oder ICSI geraten, doch der Eingriff ist ihr momentan noch zu groß. Und gerade, so sagt sie, ist es nicht der richtige Moment, es gibt zu viele offene Fragen, auch, was den Job angeht. Keine Situation, in der sie voller Elan in eine Kinderwunschbehandlung gehen will. Mittlerweile ist Christiane 38 und zuversichtlich, dass sich alles ergeben wird, wie es soll. “Das letzte Jahr hat mir einfach gezeigt, dass ich schöne Pläne machen kann – es war alles sehr durchdacht – aber dass mein Körper einfach keine Maschine ist, die funktioniert – sondern im Gegenteil: Mein Körper ist es, der mir Zeichen gibt.” Aber wenn sie daran denkt, dass es nicht klappen könnte, dann kommen immer noch viel Trauer und Traurigkeit in ihr hoch.