„Du bist die doofste Mama der Welt!“ – Richtig streiten lernen mit Kindern in der Wackelzahn-Pubertät

Die Little Years Autorinnen werden gerade reihenweise zu Buch-Autorinnen! Auch von Laura Fröhlich ist jüngst ein Buch erschienen. Es heißt: "Die Wackelzahn-Pubertät: Gelassen durch die 6-Jahres-Phase"- und alle, die Kinder im Vorschul- oder Schulbeginn-Alter haben, können mit diesem Begriff wahrscheinlich etwas anfangen. Kinder in diesem Alter sind schon speziell - aber auch oft speziell wunderbar, wie wir finden! Heute gibt es exklusiv ein Kapitel aus dem Buch. Eines nämlich, in dem man richtig streiten lernt.

„Luise, heute ist Reitunterricht und wir müssen bald los“, sage ich zu meiner Tochter.
„Heute möchte ich nicht zum Reiten, mir ist das zu anstrengend“, antwortet sie.
„Das geht nicht“, erwidere ich, „wir haben die Reitstunde bezahlt und nun musst du sie auch machen, sonst ist das Geld verloren.“
„Ich WILL aber nicht“, schreit Luise wütend.
„Immer willst du erst etwas und hast dann bald keine Lust mehr“, ärgere ich mich.
„Du bist die doofste Mama der Welt“, heult Luise.

Wir sehnen uns nach Harmonie, nach guter Stimmung und allgemeiner Zufriedenheit, aber seien wir ehrlich: In einer Familie geht es nicht ohne Streit.
Mit Kindern ab fünf Jahren nimmt die Streiterei manchmal sogar noch zu, denn Wackelzahn-Rebellen und -Rebellinnen wollen längst nicht immer das Gleiche wie die Eltern und wissen, das auszudrücken.

Streiten muss gelernt sein

Jeden Konflikt zu vermeiden ist nicht nur unmöglich, sondern auch gar keine gute Idee. Denn wenn alle Familienmitglieder ein paar Regeln beim Streiten berücksichtigen, verhärtet ein Konflikt die Fronten nicht, sondern trägt langfristig zu mehr Familienfrieden bei. Die Kinder müssen lernen zu streiten, denn woher sollen sie das auch können? Wenn sie klein sind, fällt es ihnen besonders schwer. Sie reagieren im Konfliktfall mit Wut, Trotz oder einer Beißattacke.
Kinder ab fünf Jahren reagieren nicht mehr so stark und sind eher in der Lage, sich in eine andere Person hineinzuversetzen. Aber damit umzugehen, Kompromisse zu schließen oder sich auf den anderen einzulassen, ist für sie trotzdem schwierig. Damit umzugehen ist ein Lernprozess, der auch uns Erwachsene immer wieder herausfordert. Die Fallen beim Streiten zu umschiffen und es nicht zu einer unlösbaren und aggressiven Auseinandersetzung werden zu lassen, ist also eine Aufgabe für Groß und Klein.

Pause einlegen

Wenn ihr während eines Konflikts so richtig sauer werdet, tut euch eine Pause gut. Wenn bei uns mal die Türen knallen, bleiben sie auch eine kurze Zeit geschlossen. Jeder kann dann durchschnaufen und sich ein wenig beruhigen. „Lass uns in einer halben Stunde noch ein- mal darüber sprechen, okay?“, so könntest du dein Kind um eine kleine Auszeit bitten.

Du-Botschaften vermeiden

Richtig unangenehm ist es für uns alle, wenn wir mit Du-Botschaften bombardiert werden, die auch noch mit Worten wie „immer“ und „nie“ gewürzt sind. Dass ich in meinem Beispiel zu Beginn des Kapitels meiner Tochter vorwarf, immer schnell die Lust zu verlieren, war gemein und pauschalisierend. Kein Wunder, dass sie dann so richtig wütend wurde. Eine wichtige Regel beim Streiten lautet daher, Ich-Botschaften zu verwenden, um uns gegenseitig nicht unnötig zu beleidigen oder herabzusetzen. Du sprichst damit von dir und fällst kein Urteil über dein Gegenüber. Wenn du mit deinem Kind diskutierst und ein Konflikt ausbricht, sprich also nur von deiner Sicht der Dinge. So lernt es im Laufe der Jahre, sich in dich hineinzuversetzen und deine Bedürfnisse anzuerkennen.

Emotionen ansprechen

Wenn du gerade schon dabei bist, von dir zu sprechen, dann formulier auch deine Gefühle. Ich hätte im Gespräch mit Luise sagen können: „Ich bin ärgerlich, wenn die Reitstunde verfällt, denn ich habe sie bezahlt.“ Meine Tochter kann so eher nachvollziehen, warum ich wütend bin und bezieht das Problem nicht auf sich als Person, sondern auf den Umstand. Außerdem kommen auf diese Weise Gefühle zur Sprache. Frag dein Kind bei einem Streit doch mal: „Was macht dich denn gerade so wütend?“

Eine Lösung finden

Überleg dir mal, wie du einen Streit unter Arbeitskollegen und -kolleginnen klären würdest. Ihr würdet vermutlich versuchen, einigermaßen respektvoll miteinander umzugehen, denn ihr müsst ja weiterhin zusammenarbeiten. Auch wenn ihr unterschiedlicher Meinung wärt, würdet ihr sicher nach einem Kompromiss suchen. Genauso ist das im Streit mit unseren Kindern. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein guter Kompromiss die dicke Luft schnell klären kann. Frag dein Kind nach einer Lösung eures Streits. Manchmal haben Kinder die spannendsten Ideen, und wenn sie merken, dass wir Großen bereit sind, uns auf ihre Sichtweise einzulassen, kann es mit der Versöhnung schneller gehen, als wir denken.

Sich entschuldigen

Wichtig ist, dass wir Eltern uns ehrlich entschuldigen, wenn wir ungerecht waren. Mir sind als Mutter schon oft gemeine Dinge herausgerutscht, die mir später leid taten. Für die Kinder ist es ein großes Zeichen, wenn wir auf sie zugehen und aufrichtig um Entschuldigung bitten. Am besten lassen wir diese Bitte um Verzeihung so stehen, ohne auf die Fehler des Kindes einzugehen. Eine „Aber-Botschaft“, die wir an die Entschuldigung anschließen, mindert nämlich die Bitte um Verzeihung wieder ab. Das Gute daran: Wenn dein Kind sieht, dass du dich ohne Wenn und Aber entschuldigst, wird es ihm bald leichter fallen, es selbst zu tun.

Wenn immer wieder dieselben Konflikte auftauchen

Ab und zu streiten Eltern mit ihren Wackelzahn-Rebellen und -Rebellinnen immer wieder über dieselben, nervtötenden Themen. Trödeln, Aufräumen, Geschwisterstreitereien oder Hausaufgaben – da gibt es nur ein paar kleine Trigger und schon sind alle wütend und verletzt. Weil wir Eltern die Verantwortung für die Stimmung in unserem Haus tragen, liegt es auch in unserem Aufgabenbereich, schwierige Situationen langfristig in den Griff zu bekommen. Überleg dir mal in Ruhe, welche Momente im Alltag Konfliktpotenzial bieten und welche Sätze dann immer wieder fallen. Schreib sie auf und schau sie dir an. Wie wirken sie auf dich? Kannst du die Sätze umformulieren?
Sprich mit deinem Kind über den wiederkehrenden Konflikt, wenn die Stimmung wie- der gut ist. Frag es mal, was seiner Meinung nach dazu führt, dass ihr streitet. Trau dich, dein Kind als gleichwertiges Gegenüber zu betrachten und versucht, gemeinsam einen Lösungsweg zu finden.

TIPP:

Denkt euch ein lustiges Codewort für wiederkehrende Streitpunkte aus. „Warzenschwein“ für Ärger mit den Hausaufgaben, „Pupskartoffel“ für Streit rund ums Aufräumen. Sobald der Konflikt aufkocht, sagt einer von euch das Wort, und ich garantiere, dass es euch ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Haltet kurz inne und erinnert euch an euer Gespräch. Was hattet ihr besprochen? Probiert, die vereinbarten Lösungswege einzuhalten.

Das Buch ist wirklich toll! Ihr könnt es hier oder beim Buchhändler bestellen. Es ist voll mit Fallbeispielen, die einem sehr bekannt vorkommen – und auch voll mit wirklich sinnvollen Tipps. Herzlichen Glückwunsch, Laura!