10 gute Tipps, um die Milchbildung anzukurbeln

Zunächst einmal ist es wichtig, herauszufinden, woran Du merkst, ob Du GENÜGEND Milch für Dein Baby bildest. In den ersten beiden Wochen nach der Geburt ist Dein Körper in dieser hormonellen Umstellungsphase, in der umgeschaltet wird von „schwanger“ zu „Baby per Busen satt machen“. Der so genannte „Milcheinschuss“ (wer denkt sich nur alle diesen schrecklichen Wörter aus?!) etwa zwei bis vier Tage nach der Geburt ist meist ein deutlicher Hinweis für diese Metamorphose.

Spätestens zu Beginn der zweiten Lebenswoche dann beginnt die Milch sichtbarer zu fließen, sie rinnt beim Stillen aus der jeweils anderen Brust, plötzlich verstehst Du, wozu denn Stilleinlagen da sind. Bis zum Ende der zweiten Lebenswoche hat Dein Baby vermutlich seinen anfänglichen und normalen Gewichtsverlust von etwa 7 bis höchstens 10% des Geburtsgewichts wieder aufgeholt.

Ein Baby, das genug Milch bekommt, hat täglich mindestens sechs nasse Windeln und mindestens zweimal Stuhlgang etwa ab dem 4. Lebenstag. Seltenerer Stuhlgang ist ab einem Alter von ca. 6 Wochen okay, davor ist es meistens ein Zeichen von zu wenig Milch. Ab jetzt nimmt Dein Baby etwa 150 g pro Woche zu, das ist – je nach Literaturangabe – die untere Grenze. Nach oben hin gibt es keine! (Aber das ist ja hier nicht Thema für diesen Artikel).

Wenn die Milch hingegen nicht ausreicht, sind die Symptome dafür eben die: Das Baby gedeiht nicht (Deine Hebamme wird es – je nach Symptomlage mehr oder weniger häufig wiegen und das „Gefühl“ damit objektivieren), es wirkt ständig unzufrieden. Letztlich will es über weite Strecken des Tages am liebsten non-stop an Deinem Busen sein, schläft aber trotzdem zwischendurch nie so richtig zufrieden ein.

Was kannst Du nun tun, um Deine Milch effektiv zu steigern? Wichtig bei all diesen Dingen ist es meiner Erfahrung nach, damit BALD zu beginnen und nicht zu lange nach dem Motto „ach, wird schon“ rumzueiern. Nutze die frühe Zeit, um die Milchproduktion wirklich effektiv anzukurbeln! In den ersten beiden Lebenswochen ist dieses Zeitfenster weit offen, aber das bleibt es nicht ewig. Frustrierend sind Verläufe, in denen nach sechs Wochen, 100 g über dem Geburtsgewicht, irgendwann der Kinderarzt bei der U3 stutzig wird und alarmiert ist (in solchen Fällen ganz zu Recht) und man dann mal langsam anfängt zu überlegen, was da wohl doof gelaufen ist, nun aber dann gleich mit dem Zufüttern von Pulvermilch beginnen muss, weil es wirklich höchste Eisenbahn ist.

In solchen Situationen hilft eine gute Tabelle, um die Stillmahlzeiten über die nächsten Tage hinweg genau zu dokumentieren und das subjektive Gefühl in konkrete Zahlen zu fassen. Nicht selten berichten nämlich die Eltern: Das Kind trinkt ganz oft und ganz viel – und anhand der wirklichen Dokumentation sieht man dann aber, dass das Baby nicht täglich auf acht Mahlzeiten kommt, die Stillmahlzeiten effektiv auch selten länger sind als 5 Minuten oder die Abstände sind hier und da viel zu lang sind.

Es stimmen an diesem Punkt beide Dinge: Oft kann man das Zufüttern vermeiden und ein verfrühtes „Das Kind braucht jetzt was Richtiges“, drei Tage nach der Geburt, ist fast nie notwendig. Aber: Wenn das Baby wirklich dramatisch an Gewicht verloren hat, keine Gewichtszunahme in den oben beschriebenen Grenzen zu verzeichnen ist, muss man wirklich etwas tun. Je früher, umso effektiver. Und ggf. braucht das Kind wirklich Futter, und manchmal eben auch zusätzlich zur Muttermilch „aus der bösen Flasche“. Und ja, manchmal müssen auch Hebammen „unpopuläre Entscheidungen“ treffen… Chronisches Unterzuckern in den ersten Lebenswochen ist nicht gut fürs Gehirn. Zu wenig trinken nicht gut für die Niere. Zu wenig Ausscheidung nicht gut für den Verlauf der Neugeborenengelbsucht.

Also: Die richtigen Dinge machen. Hier kommen zehn Tipps für die Milchbildung:

Erstens.

Anlegen, anlegen, anlegen. Oft und lange. Konkret: mindestens alle 2-3 Stunden für mindestens 15 min. Die Milchbildung gehorcht marktwirtschaftlichen Gesetzen und wird durch die gesteigerte Nachfrage mit einer angekurbelten Produktion reagieren. Wenn Dein Baby nach kürzerer Zeit schon nicht mehr hörbar schluckt oder ungeduldig wird (manche Baby zerren knurrend an der Brust herum wie ein kleiner Hund), wechsele die Seite. Rechts-links-rechts-links.

Damit löst Du häufige Milchspendereflexe aus, die wiederum signalisieren Deinem Körper: Mehr Milch bilden bitte sehr!

In der „Milchbildungsanpassungsphase“ der ersten beiden Wochen oder in Wachstumsschüben reicht diese Maßnahme meist völlig aus. Der „Baby will aber mehr als gerade da ist“-Zustand, lässt sich mit Geduld und Spucke relativ schnell und sicher lösen.

Zweitens.

Richtig anlegen. Für eine ausreichende Milchproduktion ist es wichtig, dass die Brüste auch effektiv leer getrunken werden. Rumschnullern reicht dafür nicht! Lasse deine Hebamme noch mal genau zugucken, was genau Dein Baby an Deiner Brust macht.

Drittens.

Für Dich: Ruhe, gut essen, liegen, schlafen. Lege Dich mit Baby ins Bett, kuscheln, Körperkontakt, ganz viel Stillen und lasse Dir Schnittchen, Suppe und Tee ans Bett servieren. Bei einer Kalorienzufuhr von unter 1500 Kalorien sinkt signifikant die Milchmenge. Also: Hau rein, guten Appetit! Besuch absagen.

Viertens.

Das ganze am besten: Nackt! Hautkontakt steigert nachweislich die Oxytocinproduktion und damit fließt die Milch schneller und leichter. Eine Dir skeptisch über die Schulter starrende Schwiegermutter senkt sie übrigens – ebenfalls nachweislich.

Fünftens.

Nahrungsergänzung: Hier ist Bockshornklee an allererster Stelle zu nennen, am einfachsten und standardisierbar sind Kapseln. Nimm davon 2,5-3 g pro Tag, mindestens zwei Wochen lang. Ein häufig empfohlenes Produkt sind die Kapseln von Dr. Pandalis, nimm davon 4-5 mal täglich 2 Stück. Bockshornklee gibt es auch gemahlen als Gewürz, damit kann man gut Suppen, Eintöpfe oder auch Käsebrot würzen. Es schmeckt herb-würzig, ich persönlich finde es ganz lecker. Gibt es am ehesten in gut sortierten Bio- oder Gewürzläden. Und in einigen Stilltees ist auch Bockshornklee drin – zum Beispiel in Milchmädchen!

Sechstens.

Massage: Für die Anregung eines besseren Milchflusses ist ein Erwärmen der Brust vor dem Stillen (praktisch ist eine Rotlichtlampe, die muss man einfach nur in die Steckdose steckern, alternativ feuchtwarme Umschläge mit Mullwindeln oder Handtüchern) hilfreich. Danach massiere jede Brust 1-2 Minuten lang mit eingeölten Händen. Dazu setze Dich etwas vornübergebeugt hin, nimm eine Hand oben auf die Brust, die andere Hand unter den Busen. Dann „rolle“ die Brust sanft in den Händen hin- und her. Auch eine Massage des Nackens und oberen Rückens (zwischen den Schulterblättern) ist ganz toll. Hier sitzen auch Reflex- und Akupunkturpunkte, die direkt mit dem Busen in Kontakt sind! Sag Deinem Mann also: Dies ist eine rein medizinische Indikation!

Siebtens.

Elektrische Milchpumpe: Wahrscheinlich ist, je nach Ausprägung des tatsächlichen Milchmangels, auch der Einsatz einer elektrischen Pumpe eine gute Idee. Damit kannst Du nach jedem Stillen nachpumpen. Erstens entleerst Du damit Deine Brüste (nahezu) vollständig und signalisiert den milchbildenden Alveolen damit „Neubildung, bitte“, zweitens löst Du damit auch noch mal den einen oder anderen Milchspendereflex aus. Deine Hebamme stellt Dir dazu eine Verordnung aus, die Kosten übernimmt dann die Krankenkasse. Am besten besorgst Du Dir eine Medela-Pumpe, und zwar die Symphonie. Eine Verleihstation (meistens Apotheken in Deiner Nähe) findest Du hier. Kaufe unbedingt ein Doppelpumpset (das steht sinnvollerweise auch auf der Hebammenverordnung), dann sparst Du Zeit und kannst an beiden Brüsten gleichzeitig abpumpen. (Ja, ich weiß, was Du jetzt für Bilder im Kopf hast. Und ja, als Mutter findet man sich regelmäßig in skurilen und nie vermuteten Situationen wieder.)

Achtens.

Wenn Du eine Pumpe hast, kannst Du dann auch noch 1-2 mal am Tage etwas machen, das man „Clusterpumpen“ nennt. Dazu würdest Du eine Stunde lang pumpen. Wann, ist egal. Wenn Dein Baby Kunstmilch dazugefüttert braucht, am besten unmittelbar danach, damit Du überhaupt pumpen kannst und das Baby nicht „dazwischenkommt“. Und zwar in diesem Rhythmus: 5-10 min pumpen (oder bis der Milchfluss versiegt ist, mindestens aber so lange, dass Du den Milchspendereflex – ein kribbeliges, manchmal auch „piekiges“ Ziehen, ausgehend von den Brustwarzen – deutlich gespürt hast) und dann 10 min Pause. Im Wechsel, insgesamt eine Stunde lang. Möglicherweise ist zum Abschluss gar nicht so viel Milch in der Flasche, sei nicht enttäuscht. Es ist eine weitere Maßnahme zum Anregen der Milchproduktion. Dennoch kann Dein Baby natürlich auch diese kostbaren Tropfen Milch als „Nachtisch“ nach der nächsten Stillmahlzeit bekommen.

Neuntens.

Wenn das alles nichts hilft: Spätestens jetzt sollte Deine (hoffentlich) erfahrene Hebamme konsequent und engmaschig im Boot sein oder Du suchst Dir ergänzend dazu kurzfristig (in den nächsten drei Tagen!) eine Stillberaterin IBCLC.

Zehntens.

Wenn das alles nicht ausreicht, sollte man an andere medizinisch abzuklärende Dinge denken: Die Schilddrüsenwerte überprüfen und ggf. über ein milchsteigerndes Medikament (Domperidon) nachdenken. Das ist dann alles Sache Deiner Hebamme oder Deiner Stillberaterin. Domperidon ist rezeptpflichtig und wird zur Milchmengensteigerung im so genannten „off-Label“-Verfahren eingesetzt. Dazu findest Du mehr bei Regine Gresens hier (link).

Ich weiß, das ist ein absolut tagesfüllendes Programm. Ich weiß, dass ist nicht das, was Du Dir unter: „Stillen ist total schön. Und sooo praktisch!“ vorgestellt hast. Ich weiß aber auch: Fast immer lohnt es sich! Es bleibt NICHT so! Nach einer, spätestens zwei Wochen, wirst Du Erfolge sehen. Wenn nicht, kannst Du immer noch neu entscheiden und umdenken. Wenn Du diese Maßnahmen aber nicht oder nur halbherzig machst, bist Du möglicherweise zwei Wochen später sehr traurig darüber, dass Du nicht „alles gegeben“ hast, und dann die Milchbildung endgültig versiegt ist. Dann ist es nämlich leider meistens zu spät.

Also: Es lohnt sich. Wirklich.

Dieser Artikel erschien auch auf into-life.de