Immer diese Angst – und Skifahren als Bewältigung

Fangen wir von vorne an: ich bin eigentlich kein sonderlich ängstlicher Typ. Ich gehöre zur Fraktion: “immer eher positiv und zuversichtlich” und ich mache mich selten verrückt. In meinen 20ern war ich sogar ganz schön wagemutig, habe viele verrückte Sachen gemacht – immer ist alles gut gegangen. Erst seit ich Kinder habe, ist die Angst da. Nicht immer, aber doch immer wieder. Wir laufen über die Straße, Xaver bremst etwas zu spät ab, ich schreie STOP und sehe ihn schon unterm Auto. Ich kann nichts dagegen machen, ich muss mir die grauenhaftesten Dinge, die theoretisch passieren könnten, immer wieder vorstellen, nur um sie dann entsetzt wieder wegzuschieben und mich auf meine zuversichtliche Grundeinstellung zu besinnen.
Doch es ist nicht nur das. Ich war am Anfang richtig ängstlich, wenn es darum ging, einen Tag alleine mit den beiden Kindern zu verbringen. Ich fahre nicht mehr so sicher und so gerne Auto wie früher. Längere Strecken auf der Autobahn mit beiden Kindern – no way. Ich habe Angst vor stressigen Tagen, sogar Urlaube bereiten mir in der Planungsphase nicht mehr nur Wohlbehagen. Kurz gesagt: ich traue mich weniger, seit ich Kinder habe. Ich bin ein bisschen ein Angsthase geworden.
Und die Angst ist real: ein beengtes Gefühl, Panik im Bauch, Schnappatmung, Schweißausbrüche. Als ich in den Paarurlaub alleine mit meine Freund flog, stellte ich mir kurz vor, das Flugzeug würde abstürzen und ZACK! Da war sie wieder. Diese schreckliche Angst. Schnell weg mit dem Gedanken!
Es gibt Menschen, die buchen dann zwei verschiedene Flüge, damit die Kinder zumindest nicht Vollwaisen werden. Haben wir tatsächlich auch überlegt.
Aber nein, ich will lieber meinen Mut wieder bekommen, anstatt mich jetzt vor allen Risiken zu drücken. Die Angst umarmen, mich ihr stellen, um wieder mutiger zu werden.
So habe ich letzten Sommer bewusst richtig viele Tage ganz alleine mit beiden Kindern verbracht und vor allem: ich bin dann immer mit ihnen raus gefahren. Habe mich dem Stress gestellt, der Autobahn, zwei nölende Kinder hinten, Quinn schnallt sich ab, kreischt, das volle Programm. Mit jedem Mal ging es besser.

Und im Dezember – bei mir immer ein stressiger, schwieriger Monat, in dem viel Angst da ist – habe ich irgendwann gedacht: ich will wieder Skifahren. Ich hatte immer so Schiss. Ich will das wieder machen. Und: ich will, dass die Kinder Skifahren lernen. Einfach so. Weil ich das auch als Kind gelernt habe. Weil es so ein toller Sport ist. Weil Skiferien als Familie was Schönes sind. Und ich dachte auch: dann haben die Kinder schon mal eine Angst weniger.
Wer seit der Kindheit Ski fährt, muss jetzt nicht weiterlesen, denn man kann wahrscheinlich dann nicht verstehen, wie aufregend das für mich war. Man hat dann ja eben diese Angst schon seit der Kindheit überwunden!
Für mich war das aber ein großes Ding: Ich wollte wieder Ski fahren. Also habe ich geplant: Ich wollte einen Skikurs machen, möglichst alleine und mit Privatlehrer, damit es sich auch lohnt. Xaver sollte parallel auch Skikurs machen. Nächstes Jahr sind dann der Mann und Quinn dran. Problem Nummer eins: Skifahren ist echt teuer. Echt so richtig teuer. Ob es das wert sein würde? Problem Nummer zwei: Wann. Wohin. Mit wem. (gleich drei Probleme).
Kennt ihr das, wenn ihr was anplant und dann läuft es einfach? So war es mit diesem Trip nach Tschechien. Ari war gleich dabei, der Mann gab auch freie Fahrt, das Hotel Savoy Spindlermühle, Member of Asten Hotels sagte uns zwei Nächte als Pressereise zu. Den Rest haben wir übrigens selbst bezahlt und ich sag’s mal so: günstig war es nicht, aber Tschechien kostet eben doch auch einen Bruchteil von dem, was wir zum Beispiel in Österreich bezahlt hätten.
Kurz hatte ich noch einen Panikmoment, drei Tage bevor es losgehen sollte, weil wir mit einem Mietwagen fahren würden und auch klar war, dass ICH die fünf Stunden fahren musste, denn Ari hat eben erst ihren Führerschein gemacht. Schaffe ich das? Ich bin so lange keine weite Strecke mehr gefahren und dann ins Ausland und in die Berge und im Dunkeln. Was, wenn ich verunglücke? Schnell weg mit dem Gedanken!!
Die Fahrt lief natürlich super, ich fahre seit fast 20 Jahren Auto, was soll sein. Ähnlich war es dann mit dem Skifahren. Ich hatte bei dem unheimlich netten Skilehrer angekündigt, dass ich seit über 10 Jahren nicht auf den Brettern stand und wirklich GAR NICHTS mehr kann, er schubste mich einmal den Hügel runter und sagte dann: jetzt fahren wir hoch. Ganz hoch? Dann müssen wir ja auch wieder runter!! Er: Ja, aber du kannst ja auch Skifahren, was ist das Problem?
Tatsache: ich bin als Kind Skigefahren, nicht oft, aber ich habe einige Kurse gemacht. Dann war Snowboarden so in, dass ich das ein paar Jahre versucht habe – ich sage versucht, denn wirklich gut war ich nie. Vor etwa 12 Jahren stand ich dann nochmal zwei Jahre in Folge auf der Piste, wackelig, aber irgendwie kam ich runter. Ein bisschen was ist also da, und es stimmt: so GANZ verlernt man es nicht. Aber die ANGST! Die Angst vor der Geschwindigkeit, vor einem Sturz. Davor, aus dem Lift zu fallen, davor, auf der Piste zu liegen und nicht mehr hoch zu kommen. Oh weh!
Der Skilehrer, er war wirklich cool. Er erkannte sofort, wo meine Schwächen lagen und bearbeitete sie direkt. Ich musste rückwärtsfahren, mich drehen, er jagte mich am zweiten Tag die rote Piste runter, ließ mich hüpfen, über Buckelpisten rasen, alleine Lift fahren. Und so weiter. Es war Angstbewältigung pur. Und sau-anstrengend, nicht nur physisch, sondern auch psychisch. Ich bin kein einziges Mal hingefallen, konnte bald sogar schon ohne Pizza-Move Kurven fahren, hatte noch oft Angst, wenn ich zu schnell wurde, aber es wurde immer besser. Aus mir wird kein Willy Bogner mehr, aber das Skifahren machte mir Spaß und das ist doch das Wichtigste!
Am dritten Tag knickte ich kurz ein, weil die Schuhe so weh taten, es schneite und neblig war, ich schwitzte und echt keinen Nerv mehr hatte. Aber dann lief die letzte Abfahrt doch wieder, der Lehrer hatte mir Blasenpflaster besorgt und ich war ganz selig.

So war das. Ich fahre jetzt wieder Ski. Xaver hat übrigens natürlich – so wie die meisten Kinder – in drei Tagen Skifahren gelernt, er kann jetzt Pizza-Kurven und Lift fahren, und nächstes Jahr fahren wir wohl alle zusammen. Damit wird irgendwie ein Familientraum von mir wahr und wir wissen dann auch, wass wir in den Winterferien, an die wir ja in Zukunft gebunden sind, machen werden. Die Kinder werden hoffentlich kleine Racer werden und diese Angst vor der Geschwindigkeit, die ihre Mutter hat, erst gar nicht entwickeln.
Ich weiß übrigens, dass Skifahren kein umweltfreundlicher Sport ist und dass sehr nachhaltige Menschen das jetzt eventuell kritisch sehen. Da ist auch was dran. Wir werden versuchen, möglichst nachhaltig Ski zu fahren, also mit der Bahn anzureisen (in Tschechien geht das nicht, aber Xaver und ich sind nach Bayern mit der Bahn gefahren), nicht auf Kunstschnee zu setzen, usw.
Jetzt habe ich gar nichts über Spindlermühle und das Hotel geschrieben, obwohl viele von euch gefragt hatten. Also: Der Ort ist wirklich niedlich, die Schneeverhältnisse waren super. Die Berge dort sind natürlich nicht die Alpen, das Skigebiet ist kleiner und für Super-Pros wahrscheinlich etwas mau. Aber dafür auch viel günstiger und eben nur knapp fünf Stunden von Berlin entfernt. Das Hotel Savoy Spindlermühle kann ich auch empfehlen, es ist sehr schön und gepflegt, es gibt einen tollen Spa-Bereich, Ari und ich waren jeden Abend in der Sauna. Und das Restaurant ist großartig, wirklich! Wir wurden vorher gewarnt: Tschechien ist toll, aber das Essen – najaaaa. Und ich kann sagen: im Savoya, da ist das Essen super und der Wein auch. Es ist nicht supergünstig, aber völlig in Ordnung. Es gibt keinen Pool, aber einen Game Room (eher für größere Kids), es waren viele Familien da, ich kann mir durchaus vorstellen, noch mal ins Hotel Savoy Spindlermühle mit der Family zu fahren. Ansonsten hatte Marie hier ja auch schon mal einen super Tipp aus der gleichen Region!
Der Girls-Trip mit Ari war auf jeden Fall Balsam für meine geschundene Mama-Seele. Wir haben so viel relaxt, Sport gemacht – und ich habe eben meine Ängste bearbeitet. Wir haben frische Luft geatmet, gut gegessen, viel geschlafen. Let’s do this more often, hat Ari am Ende gesagt – und sie hat natürlich so Recht!
Alle Fotos: Ari Stippa