Für Hartgesottene: Alleine mit Kind nach London

Manchmal wundere ich mich im Nachhinein über mich selbst: was habe ich mir gedacht, als ich mit einem 10 Monate alten Krabbelkind nach Indien flog? Und warum zum Teufel wollte ich mit einem 15 Monate alten Jungen, der gerade begonnen hat zu laufen, alleine nach London reisen?

Nun, irgendwie scheine ich auf Extrem-Erfahrungen zu stehen. Und: ich werde eigentlich immer belohnt, gehe mit positiven Erlebnissen und gestärkt aus diesen Entscheidungen heraus. So auch in London, obwohl die Rahmenbedingungen nicht gerade verheißungsvoll waren. Xaver zahnte, er hatte erst vor ein paar Wochen begonnen, zu laufen, die Kita-Eingewöhnung war auch noch nicht ganz durch. Ich war zudem gesundheitlich angeschlagen. Aber die Flüge waren gebucht, ich wollte unbedingt meine schwangere Freundin besuchen, und dass Xaver mit musste, war auch klar. Selbige Freundin ist seine Patentante, außerdem war ich vielleicht auch noch nicht bereit für eine so lange Trennung (bisher war ich noch nicht länger als 24 Stunden ohne ihn).

London mit Kinderaugen sehen

Und: es war ein schöner Trip in meine Lieblingsstadt, die ich dank Xaver von einer ganz neuen Seite kennengelernt habe. Kein Topshop diesmal, kein Selfridges, dafür viele Spielplätze, Parks, usw. Wir haben viele Freunde getroffen und ich habe versucht, so viel Kinderprogramm wie möglich einzubauen. Auch ist mir jetzt erst klar, wie anstrengend und kräftezehrend diese Stadt ist. Was ich alleine immer gut ausblenden konnte, hat mir Xaver deutlich vor Augen gehalten.

Das muss ich nämlich sagen: es war auch wahnsinnig anstrengend. Xaver und ich alleine auf Reisen, das bedeutet immer: 24/7 er und ich. Morgens mit ihm aufstehen und duschen, abends mit ihm ins Bett gehen, mit ihm zusammen aufs Klo gehen, keine Minute Pause. Ich war ein paar Mal am Rande des Nervenzusammenbruchs, von Tag zu Tag wurde es aber besser. Und am Ende: waren wir so ein tolles Team! Xaver und ich verschmelzen zu einer Einheit, wenn wir alleine unterwegs sind, wir sind voll aufeinander eingestellt. Und das ist total schön! Natürlich wusste ich auch, dass er ein Reise-Baby ist, er ist in vielerlei Hinsicht sehr unkompliziert. Kann immer und überall schlafen, isst alles, ist ziemlich belastbar, offen und abenteuerlustig. Er hat sich auf englischen Spielplätzen genauso wohl gefühlt wie zuhause, und war das Gegenteil von schüchtern: andere Kinder wurden sofort bespielt und inspiziert. Also, London fanden wir beide gut. Und jetzt würde ich es sogar jederzeit wieder machen!

Apartment statt Hotel!

Ein paar Tipps habe ich auch zusammengeschrieben. Für genauso waghalsige Mütter (oder Väter) wie mich, die eine solche Reise mit einem Kleinkind planen:

– Die Art der Unterkunft ist essentiell. Hotelzimmer finde ich mit Kind fast immer suboptimal (EIN Raum…) Ich empfehle Apartments, am besten von privat, z.B. über HouseTrip Deutschland – dort gibt es auch eine schöne London-Auswahl!

– Auch ganz wichtig: so wenig Gepäck wie möglich mitnehmen. Xaver und ich hatten einen Rucksack zu zweit dabei, Snacks, Spielsachen, usw. fanden in der Handtasche Platz. Dazu ein Buggy und eine Tragehilfe (viele lassen den Buggy auch zuhause). Wir hatten unter 10 Kilo Gepäck! Windeln, Essen, etc. kann man vor Ort kaufen, und zur Not auch Wäsche waschen.

– Jeden Tag habe ich mindestens eine Aktivität nur für  Xaver eingeplant – ein toller Spielplatz, ein kinderfreundliches Museum, ein Ausflug in den Park – das hat ihm gut getan, mir somit auch. Ich habe auf ihn Rücksicht genommen, und er auch auf mich!

– Dafür hatten wir ein paar klare Regeln. Eine war: auf der Straße, in der U-Bahn und im Bus bleibt das Kind im Buggy. Alles andere wäre mir zu gefährlich gewesen. Habe ich ihm ruhig erklärt, und er hat’s akzeptiert!

– London ist wirklich relativ kinderfreundlich. Es gibt neben Mega-Spielplätzen viele Wickelmöglichkeiten in Restaurants, genauso wie Hochstühle und: auch die Herren-Toiletten haben fast immer Baby-Changing-Facilities, was ich sehr emanzipiert finde!

– Die Tube ist allerdings weniger Kinder (und Buggy-) geeignet. Vor allem zu Stoßzeiten sollte man die überfüllten Schläuche meiden. Wir sind nur mittags gefahren, und immer möglichst kurz. Und dass es keine Aufzüge, etc. gibt, ist auch klar, aber das kennen wir ja aus Berlin. Ich bin Profi im nach Hilfe fragen! Auch superlange und tiefe Rolltreppen machen mir keine Angst, aber das ist Typsache. Ich kann es durchaus verstehen, dass sich Eltern in London kaum in die Tube wagen.

– Super Alternative: man kann den Kinderwagen in die Londoner Black Cabs schieben! Einfach rein damit, Kind bleibt sitzen. Das funktioniert sogar mit zwei Wägen. Ist keine günstige Art, sich fortzubewegen, wird aber viel benutzt. Auch Bus-fahren ist beliebt bei Londoner Mummys…

Meine liebsten Plätze mit Kind waren folgende:

Clissold Park in Stoke Newington (Toller Park mit Super-Spielplatz und Mini-Zoo)

Princess Diana Memorial Playground im Hyde Park (siehe Foto oben, ein Wahnsinns-Teil!)

Tate Modern Gallery

Victoria Park

Hackney City Farm (kinderfreundliches Restaurant, und daneben ganz viele Tiere!)

Weil wir alleine unterwegs waren, gibt es diesmal nur iPhone-Fotos von unserem Trip. Das untere Bild im Preview ist von Nicoli Spicoli (via Flickr)