Ein Hallo aus dem Oxytocin-Himmel

Falls ich mich in diesem Text wiederholen sollte, seht es mir nach. Denn auch oder gerade beim dritten Mal schlagen die Wochenbetthormone ein – und chronischer Schlafmangel tut sein Übriges. Wobei ich gar nicht so wenig schlafe, nur eben in kleinen Intervallen. Mal hier ein Stündchen tagsüber, und nachts, wenn es gut läuft, auch mal zwei Stunden am Stück. Und zwischendurch muss ich regelmäßig noch mal durchzählen – habe ich jetzt tatsächlich drei Kinder?!

Generell kann ich aber sagen: Es geht uns gut. Das Baby trinkt, macht die Windel voll und schläft. Die Wachphasen werden häufiger, sind aber immer noch sehr kurz. Und irgendwie ist es beim dritten Mal einfach entspannter. Ich habe wesentlich weniger Sorgen. Als ich auf den Milcheinschuss wartete, wusste ich: Es dauert, aber er kommt mit Sicherheit. Was habe ich mich die vorherigen Male gestresst, denn im Hinterkopf war immer die “Androhung” der Schwestern, wenn die Milch nicht bald da sei, müsste man Zuckerwasser geben. Zweieinhalb Tage nach der Geburt war die Milch da. Vorher kam, wie ich es erwartet hatte, das Stimmungstief. Die Tränen liefen, als ich es zum ersten Mal geschafft hatte, auf dem Krankenhausflur zu gelangen. Morgens, ganz stolz, endlich auf den Beinen zu sein. Als ich zum Kaffeekanister lief, um ihn leer vorzufinden. Frisch gebrühter Kaffeegeruch drang aus dem Schwesternzimmer, ich klopfte an, fragte wann es denn Kaffee gäbe, als mir die Schwester mit Kaffeetasse in der Hand öffnete und nur etwas patzig meinte, sie wisse das jetzt auch nicht. Und die Tür wieder zuging. Da schossen mir die Tränen in die Augen und ich humpelte heulend wieder ins Zimmer. So eine Gemeinheit! Und diese Schmerzen beim Stillen! Irgendwie sagt einem das niemand vorher, dass die ersten Tage stillen so schmerzhaft werden würden. Leicht verzweifelt cremte ich mit Lanolin ein, versuchte nicht häufiger als alle drei Stunden anzulegen (auch hier wieder mahnend die Schwester: auf keinen Fall weniger, sonst wird’s nichts mit der Milch!) aber es half nichts: Die Nippel waren wund, und es tat sauweh. Meine Stimmung war im
 Keller. Der Trost aber auch wieder hier: Ich wusste, dass sich das nach circa einer Woche legt. Und wie ich schon schrieb: Am nächsten Tag kam der Milcheinschuss und mir ging es direkt besser.

Abgesehen von ein paar Stimmungsschwankungen lief also alles sehr unaufgeregt. Ich kenne den Ablauf, mein Partner und ich haben das alles schon mal durch, die Hebamme ist dieselbe. Wir wissen, welche Fallstricke es gibt. Zum Beispiel hatte ich letztes Mal viele Milchstaus mit schlimmen Entzündungen. Stress war meist der Auslöser, deshalb schauen wir jetzt, dass ich es möglichst ruhig angehen lassen kann. Glücklicherweise ist das Kleinkind in der Kita und der Große in der Schule, sodass ich tagsüber etwas Schlaf aufholen kann.

Wie war eigentlich die Geburt?

Wie schon angekündigt, hatte ich dieses Mal einen geplanten Kaiserschnitt. Das brachte einige Vorteile mit sich: Die Betreuungsituation für das größere Kind konnte schon Wochen vorher organisiert werden. Arbeitstechnisch war die Planbarkeit natürlich auch sehr praktisch. Je näher der Termin rückte, desto vorfreudiger wurde ich – denn ich wollte nicht mehr schwanger sein. Die letzten Wochen vor der Geburt kamen mir wahnsinnig anstrengend vor. Ich hatte so viel Wasser eingelagert, konnte kaum mehr schlafen, hatte so viele Beschwerden und war auch im Kopf einfach durch. Der Kaiserschnitt an sich war dann eine sehr schöne Erfahrung. Ich kannte den Arzt schon von der letzten Schwangerschaft, meine Beleghebamme war wieder mit dabei, mein Partner sowieso – es war eine rundum respektvolle und fast familiäre Situation. Und dann ging alles auch sehr schnell und die Kleine lag schon auf meiner Brust. So schön war das!

Nach zwei Wochen verliebt

Es hat aber tatsächlich zwei Wochen gebraucht, bis ich so richtig verknallt in sie war. Am Anfang war es eher ein Bestaunen und Kennenlernen. Und auch immer wieder ein: Häh, wer bist du eigentlich?! Bekannte, die sagten, sie sei so hübsch (sagt man das, weil sie ein Mädchen ist?), fand ich irgendwie komisch. Ich fand sie mit ihren Geheimratsecken und Falten um die Augen eher – naja – mehr süß als hübsch. Was ich auch total in Ordnung finde, denn ich freue mich einfach, dass sie da ist. Sie braucht keinen Schönheitswettbewerb zu bestehen. Und so langsam bin ich auch im Baby-Heaven angekommen. Jetzt mag ich sie den ganzen Tag kuscheln, riechen, anstarren, mit mir umhertragen.

Ab drei wird es wirklich abenteuerlich

So magisch wie diese Zeit ist, so anstrengend ist sie auch. Mein Körper muss heilen und leistet immer noch so viel: Rund um die Uhr wach sein, stillen, versorgen. So sehr ich mich drauf freue, meinen Körper wieder für mich zu haben, Sport zu machen, ein Glas Wein zu trinken, so sehr genieße ich diese Zeit jetzt auch. Denn ich weiß, sie ist sehr begrenzt. Und ziemlich sicher mache ich das alles auch das letzte Mal. Dass wir jetzt zu fünft sind, finde ich toll. Es fühlt sich sehr komplett an. Und wenn hier der Wahnsinn ausbricht, wenn alle zu Hause sind und ich an die Bekannte denken musste, die meinte “einer schreit immer”, dann lächle ich manchmal in mich rein und zähle noch mal durch: EINS, ZWEI, DREI Kinder. Crazy. Die sind jetzt in der Überzahl. Und dann bin ich einfach sehr dankbar, auch wenn der neue Teppich nicht weiß bleiben wird und die Wände es schon lange nicht mehr sind.

 

 

Foto: Anne Freitag