“No poo”: Warum ich meinem Kind noch nie die Haare gewaschen habe

Alle angeschnallt: Jetzt wird's wild. Wir wollen einmal über die "No-poo"-Bewegung sprechen - und zwar bei Kindern!

Ich habe meinem Kind noch nie die Haare gewaschen und kann auch keinen Grund erkennen, das zu tun. Ganz im Gegenteil: Ich behaupte sogar, gute Argumente zu haben, warum das Haarwaschen bei Kindern überflüssig ist. Wie immer gilt – das Geschriebene versteht sich vor allem als Denkanstoß.

Streng genommen, läuft natürlich hin und wieder Wasser über seinen Kopf. Aber noch kein Shampoo! Julius’ Haare haben in den inzwischen vergangenen 4 1/2 Jahren weder Shampoo, noch Seife oder alternative Substanzen gesehen. Dass ich mir die Haare mit Roggenmehl wasche, habe ich ja schon einmal hier geschrieben (funktioniert immer noch gut, wenn ich auch manchmal Pausen einlege und mit vornehmlich Naturkosmetik-Shampoos und Rizinusöl als Pflege alterniere).

Warum wir das so halten

Ich glaube, die allermeisten Eltern halten das mit dem Shampoo so wie wir, solange ihre Kinder noch sehr klein sind. Die wenigsten Babyköpfe werden wohl eingeseift – weil da einfach nichts ist, was weggeschrubbt, gewaschen, eingeseift werden müsste. Dass sich das mit dem Körper ob der dann ja doch regelmäßig am Körper haften Fäkalien anders verhält: Kein Thema.

Nun hat sich das mit der “No-Poo”-Angelegenheit auf dem Kopf meines Sohns so verhalten, wie mit den allermeisten Umständen hier: dass wir seine Haare nicht im herkömmlichen Sinn waschen, hat sich eingeschlichen. Es gab hier aber auch nie den Moment – muss ich dazu sagen -, in dem Julius seinen Schopf mit Tomatensauce, Eis, anderen Klebrigkeiten garniert hätte. Ich musste nicht einmal irgendetwas aus seinen Haaren waschen, was nur mit Chemie zu lösen gewesen wäre.

Ich kann durchaus die Logik verstehen, warum man meint, Kindern die Haare waschen zu müssen. Allein, weil wir Erwachsene meinen, uns die Haare waschen zu müssen. Dabei ist es doch eigentlich so, dass der Körper nicht darauf programmiert ist, mit Chemie dafür zu sorgen, dass er sauber wird. Und dass die Körper unserer Kinder noch so rein, so unbelastet und gesund sind, dass sie auch einfach nicht stinken, gar irgendwelche Sekrete absondern würden, die es abzuwaschen gelte.

Ganz im Gegenteil: Es passiert einfach nicht viel, wenn wir die Drüsen an den Köpfen unserer Kinder in Ruhe lassen. Diese Drüsen – sie regulieren sich selbst.

Bei Julius ist es zum Beispiel so, dass er wunderbare, wohl und nach ihm selbst duftende, kräftige, glänzende Haare hat. Sie sind nie fettig und selbst an den heißesten Tagen, an denen sie ob des Schweißes hier und da schon mal aus der Form geraten sind, waren sie spätestens am Abend wieder wie immer: wunderschön. Ich kämme sie manchmal sogar tagelang nicht und sie sehen trotzdem aus, als käme er gerade vom Friseur.

Immer, wenn ich diese Geschichte in meinem Freundes- und Bekanntenkreis erzähle, können das die meisten erst einmal nicht fassen. Achtung: Wohlstandsverwahrlosung. Aber letztlich habe ich ja immer Julius als Testimonial dabei, dessen Haare das beste Beispiel sind, warum man Kindern nicht die Haare waschen muss. Und selbst Julius’ Friseur, ein Freund seines Vaters, der bei Vidal Sassoon arbeitet, meint: geht klar.

Ich würde mich ja sogar aus dem Fenster lehnen und sagen: dass wir alle uns die Haare nicht waschen müssten, wenn wir nicht irgendwann mal damit angefangen hätten, unsere Köpfe an Chemie zu gewöhnen. Dass auch unsere Haut und unsere erwachsenen Haare sich regulieren würden, wenn wir sie ließen. Dass wir uns aber inzwischen alle so sehr an den Zustand unserer Haare nach dem Gebrauch von synthetischen Produkten und auch dem Geruch gewöhnt haben, dass es wohl in der Regel kein zurück gibt, wir uns gar nicht mehr vorstellen können, dass Haare auch ohne den Gebrauch von Shampoo gut aussehen können – ja, vielleicht sogar besser als ohne chemische Produkte.

*Das Kind auf dem Foto – das bin natürlich ich. Sehr wahrscheinlich mit frisch gewaschenen Haaren.