Warum bekommt man überhaupt ein zweites Kind?

Diese Frage ist natürlich rhetorisch gemeint, ich weiß ja ganz genau, warum viele von euch zweite (und dritte, und vierte!) Kinder bekommen. Auch für mich stellte sich diese Frage eigentlich nicht, denn ich wollte immer mehr als eines haben, aus verschiedenen Gründen.

Und trotzdem haben mein Mann und ich das im letzten Jahr oft gesagt. Vor allem nach einer durchwachsenen Nacht, in der der Große Alpträume und die Kleine “wasauchimmer” hatte. “Gibt nichts Schöneres als Kinder” sagte der Mann dann morgens grummelig. “Lass uns gleich noch eins machen.”

Und ich sagte dann: Aber schau sie an! (Engelsgleiche Geschöpfe, die in ihren Hochstühlen sitzen und unschuldig dreinblicken). “Klar, es ist schön, jaja, total süß. Jedes Kind ist süß. Trotzdem bin ich fertig!” sagte er dann. Und recht hatte er. Was waren wir oft erschöpft.

Eins und eins ist nicht zwei – zumindest bei Kindern,

sagte ein Freund von mir jüngst und auf die Frage einer Freundin, ob es denn “doppelt so anstrengend” sei mit Zweien konnte ich leider wahrheitsgemäß nur sagen: Eher dreifach. Es fühlt sich oft an, als hätten wir fünf Kinder. Und wenn wir mal nur eins haben, atmen wir durch. Wenn wir dagegen noch eins mehr da haben (weil Cousins, Freunde, etc. da sind…) ist es fast einfacher als mit Zweien. Lustig, oder? Also doch gleich ein drittes hinterher schießen!

Nein, zwei reicht erst Mal. Einen Vier-Personen-Haushalt zu schmeißen finde ich schon Herausforderung genug. Vier Personen, die in einer Wohnung leben, Wäsche dreckig machen, einzelne Socken produzieren, Termine haben. Termine! Die Organisation rund um beide Kinder ist ein Full Time Job. Wer holt welches Kind wann ab, welches Kind muss wann zum Arzt. Wer geht abends raus, wer arbeitet vormittags, wer kann sich um die Kinder kümmern, wenn wir mal beide nicht können. Wer hat wann Hunger und Durst, wer muss aufs Klo, wer braucht eine Windel. Haben wir Windeln dabei? Essen, Wechselwäsche? Wird alles ständig vergessen und führt zu Extra-Stress. Kinderhaben an sich ist eigentlich gar nicht anstrengend. Das, was anstrengend ist, ist das Drumherum, das man auch noch haben will und machen muss. Haushalt, Arbeit, Sport, Instagram, Freunde sehen, Shoppen, Arzttermine, Und so weiter. Wenn das alles nicht wäre, wäre es babyleicht.

Warum bekommt man also jetzt ein Zweites? Klingt alles so negativ!

Ist es gar nicht. Es ist toll. Egal, wann. Viele im Freundeskreis haben sich für einen großen Abstand zwischen den Geschwistern entschieden. Und klar, auch Ein-Kind-Familien haben was. Ich kenne sogar Einige, die immer eine große Familie wollten, aber jetzt passt es einfach nicht und irgendwie geht es allen so gut, dass sich die Frage nicht stellt. Hat ja auch viel mit den individuellen Charakteren, Bedürfnissen, und so weiter zu tun. Bei manchen klappt es auch nicht und der weitere Kinderwunsch bleibt unerfüllt. Ein sensibles Thema. Und es gibt kein Falsch oder Richtig!

Aber für mich gibt es nichts Schöneres, als jetzt Mama dieser beiden zu sein. Ja klar. Es ist kurz mal ein bisschen anstrengend. Aber wer plant denn sein Leben immer so, dass alles möglichst leicht ist? So gehe ich überhaupt nicht an die Dinge ran. Manche argumentieren auch mit den Finanzen. Wer soll das bezahlen? So ticke ich auch nicht, ich denke immer: Kriegen wir schon hin und so ist das dann auch und wird es hoffentlich weiterhin sein. Und wenn sie sich mit 18 das Auto und mit 20 den Auslandsaufenthalt wünschen und ich das nicht bezahlen kann, dann müssen sie eben dafür arbeiten. So habe ich das damals auch gemacht.

Und ich selbst fand Einzelkind sein so doof, ich freue mich so sehr darüber, dass meine Kinder sich haben. Sie haben sich im Idealfall ihr ganzes Leben lang. Langsam fangen sie an, miteinander zu kommunizieren, Xaver zeigt Quinn Dinge, sie rastet förmlich aus, wenn wir ihn von der Kita abholen, schreit “Da, Ava!” und springt auf ihn zu. Natürlich gibt es keine Garantie für Geschwisterliebe und die beiden sind so verschieden, dass ich mir vorstellen kann, dass es da auch mal  Spannungen gibt, aber ich habe große Hoffnung, dass sie ein gutes Team werden. Dass meine Tochter den großen, tollen, beschützenden Bruder hat, den ich mir irgendwie immer gewünscht habe.

Das Schönste?

Überhaupt. Das Schönste ist fast, zu sehen, wie diese Zweiten so aufwachsen. So natürlich, so einfach dabei. In so einem kinderfreundlichen Ambiente, da sind Spielsachen, da sind Möbel, die was aushalten. Da sind immer Kinder, meistens Größere. Quinn will jetzt schon immer dabei sein bei den Großen, zuschauen, mitmachen. Sie wird es nie erlebt haben, wie es ohne Kinder im Haus ist. Dafür bekommt mein armes Mädchen wesentlich weniger Baby-Programm. Während ich mit Xaver beim Pekip und bei Baby-Dates war und ständig mit ihm zum Spielplatz gelaufen bin (was soll ein Baby auf dem Spielplatz?), wird die Kleine jetzt meistens von Büroboden zu Büroboden gereicht. Sie sitzt bei Kollegen auf dem Schoß, schläft auf irgendwelchen Decken und Sofas. Wir haben erst im Herbst einen Kita-Platz, und bis dahin müssen wir uns eben irgendwie organisieren…

Und ich als Mutter bin viel sicherer in meinem Handeln mit ihr, ich mache mir weniger Sorgen, ich lasse sie matschen, dreckig sein, alles essen. Und ich lasse sie bei den Großen sein, mitspielen. Wenn sie mal eins auf die Rübe bekommt, dann ist das eben so, wenn sie bei den Großen nicht erwünscht ist, müssen die da durch. Ich bilde mir ein, dass die Zweiten viel resistenter sind, mehr Lärm aushalten, sich besser wehren können und sich ziemlich früh ziemlich gut anstellen im Zusammenleben mit anderen Kindern. Kein Nachteil, oder? Und die Gefahr, zur Helikopter-Mama zu werden, sinkt glaube ich von Kind zu Kind auch immens. Man hat ja weder Zeit, noch Nerven für zu viele Sorgen.

Schön ist auch, zu sehen, wie die kleine Schwester jetzt schon von der Vorarbeit durch ihren Bruder profitiert. Er musste noch ums Elternbett kämpfen, sie nicht mehr. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Quinn darf viel mehr, weil wir Eltern jetzt (zumindest ein bisschen) wissen, was wichtig ist und was eben nicht. Und ich vermute mal, so wird es weitergehen. Lucky girl!

Aber jetzt wirklich das Allerschönste

“Das Beste ist, dass man ein Kind bekommt, und sich nicht auch noch als Mama neu finden muss, so wie bei dem Ersten” sagte eine Freundin mal. Und auch das ist so wahr. Beim ersten Mal ist man parallel zum Baby auch noch so sehr mit sich selbst und der neuen Rolle beschäftigt. Das ist bei mir jetzt überhaupt nicht mehr so. Ich kann mich, wenn man so will, viel mehr auf dieses Kind einschießen, weil ich weniger im Kopf habe.

Nein, Quatsch. Das ist alles toll. Aber das AllerAllerSchönste ist dann doch eigentlich dieser kleine, neue Mensch. Nochmal zu sehen, was passiert, wenn die Gene zusammengeworfen werden. Wie können dabei zwei SO verschiedene Menschen herauskommen?

Zu merken, dass man das Zweite wirklich genauso doll liebt, wie das Erste. Dass man wieder mit Herzklopfen neben diesem süßen Speckbärchen liegt und es eigentlich aufwecken will, dabei schläft es endlich mal. Dass man sich wieder genauso über all den Quatsch freut, den die so machen.

Es ist so zauberhaft, noch mal ein Kind beim Groß werden zu beobachten. Nochmal eine Babyzeit, und dann diese ganzen ersten Male: der erste Zahn, das erste “Mama”, der erste Brei, das erste Krabbeln, hochziehen, Lachen, hach! Wie wundervoll ist Babylachen! Und ich kann das alles bei Quinnchen noch ein bisschen mehr genießen, glaube ich. Weil ich weiß, wie kurz und besonders diese Zeiten sind.

Sie werden so schnell groß! (Bitte entschuldigt, ich klinge wie meine Oma, aber es ist leider wahr)